„Bindet ihn los, der Herr braucht ihn!“
Zwar findet der Esel auch bei der Weihnachtsgeschichte seine Erwähnung, aber bei weitem nicht so hervorgehoben wie im Evangelium des Einzugs Jesu in Jerusalem. Tatsächlich ist der Esel einer der wichtigsten Protagonisten, denn „der Herr braucht ihn!“
Die Jünger binden den jungen Esel los mit der Begründung, dass der Herr ihn brauche. Jesus bedient sich dieses kleinen störrischen Tieres.
„Bindet ihn los!“ – „Mir sind die Hände gebunden!“
Der Herr braucht uns, damit wir ihn in die Welt tragen, damit wir ihm den Einzug in unsere Lebensorte hinein bereiten!
Nun liegt es an uns: opportunistisch mit der Menge jubeln oder ernst machen und ihn über den Palmsonntag bis hin zur Einsamkeit des Kreuzes zu begleiten …
Mir ist eindrücklich das Bild der jungen Männer vor Augen, das zu Beginn der Fastenzeit durch das Netz ging: Vier junge Männer retten den lebensgroßen Corpus aus der Kirche in Lemberg (Lviv) in der Ukraine. – Eine Eselei! Was soll das? Eine Skulptur aus der Kirche raustragen – was bringt das? Das ist doch dumm, oder?! Ja, es ist die Torheit des Kreuzes!
„Denn die Torheit in der Welt hat Gott erwählt, um seine Weisheit zu offenbaren.“ (vgl. 1Kor 1,20-27). Die vier jungen Männer machen mit der Kreuzesnachfolge ernst.
Dabei zeigen sie Vertrauen, nämlich: der, den sie tragen, Jesus Christus, ist der, der sie in dieser Situation des Krieges trägt. Es gibt das schöne Wort aus der Legenda aurea: „Den alles Tragenden tragend wirst du getragen!“
Der Kreuztragende trägt uns auch heute – und daher dürfen wir uns mit dem Esel losbinden lassen: Aus der Logik des „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, aus dem Säbelrasseln und dem Drohen, aus der Haltung, dass einem die Hände gebunden seien – das ist die Einstellung des Pilatus: „Mir sind die Hände gebunden!“
Lassen wir uns vom Herrn losbinden, damit wir aktiv für den Frieden eintreten können – für die einen die größte Eselei, für uns Gottes Weisheit!
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Karwoche!
Ihr Pfarrer Armin Nagel